Polarlichter entstehen, wenn elektrisch geladene Teilchen in der Magnetosphäre, hauptsächlich Elektronen, aber auch Protonen, auf einige schwere Ionen (Sauerstoff und Stickstoff) in den oberen Schichten der Erdatmosphäre treffen und Prozesse auslösen, die zu geänderten Elektronenkonfigurationen führen. Bei der nach kurzer Zeit wieder erfolgenden Abregung wird Licht ausgesandt (Fluoreszenz).

Polarlichter kommen sowohl in nördlichen Breiten vor (Nordlichter, auch Aurora borealis) als auch auf der Südhalbkugel (Südlichter, auch Aurora australis).

Mývatn Glow

Wer die tanzenden Polarlichter schon einmal selbst und mit eigenem Auge erlebt hat, weiß um die unvergleichliche Schönheit dieses Naturschauspiels. In diesem Artikel gebe ich eine einfache Anleitung, wie sich Polarlichter gut fotografieren lassen.

Polarlicht fotografieren

Polarlichter brauchen in der Regel Belichtungszeiten von mehreren Sekunden, weshalb auf jeden Fall ein Stativ verwendet werden muss (siehe auch nebenstehenden Artikel 10 Tipps rund ums Stativ), um ansprechende Ergebnisse zu erzielen. Bei Kameras mit Spiegelsystem sollte außerdem die Spiegelvorauslösung aktiviert werden, um unnötige Erschütterungen beim Auslösen zu vermeiden. Wir lösen mit einem Fernauslöser oder mit dem Selbstauslöser aus. Anschließend deaktivieren wir Bildstabilisatoren der Kamera und/oder des Objektivs. Lichtstarke Weitwinkelobjektive sind am besten geeignet, um Polarlichter zu fotografieren.

Die Belichtung der Polarlicht-Aufnahme nehmen wir dann im manuellen Modus der Kamera über drei Parameter vor: Blende, Belichtungszeit und ISO regeln die Menge des Lichts, das auf den Sensor fällt.

In diesem Artikel beschreibe ich meine persönliche Vorgehensweise. Natürlich gibt es auch alternative Vorgehensweisen, die ebenfalls zum Ziel führen können.

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Blende

Polarlichter fotografiert man am besten mit offener Blende, so dass möglichst viel Licht auf den Sensor fallen kann. Blendenwerte um f/2,8 oder kleiner eignen sich gut. Sollte bei Verwendung der Offenblende der Asymmetriefehler Koma auftreten, d.h. werden die Sterne zum Rand des Bildes hin als kleine Kreuze bzw. mit Schweif abgebildet, sollte das Objektiv um eine oder zwei Blenden abgeblendet werden. Dadurch sollte dieser Fehler minimiert werden.

Belichtungszeit

Die Belichtungszeit wird so gewählt, dass die Strukturen des Polarlichts noch gut zu erkennen sind. Bei sich schnell bewegendem Polarlicht belichtet man eher kürzer. Falls sich die Strukturen nur langsam verändern, kann man etwas länger belichten. Nach meiner Erfahrung sind Belichtungszeiten von 1 – 10 Sekunden am besten geeignet. Bei Belichtungszeiten von 20 Sekunden oder länger kann die Bewegung der Sterne am Himmel bereits sichtbar werden. (Die exakte maximale Belichtungszeit, bei der Sterne auf jeden Fall noch als Punkte abgebildet werden, lässt sich z.B. mit der App PhotoPills ermitteln. Diese Belichtungszeit hängt von der Brennweite des Objektivs, der Sensorgröße und der Sensorauflösung ab.)

ISO-Empfindlichkeit

Sind Blende und Belichtungszeit entsprechend vorgewählt, erfolgt zum Abschluss die Wahl eines geeigneten ISO-Werts. Über den ISO-Wert wird die Empfindlichkeit des Sensors gesteuert. Höhere ISO-Werte führen zu erhöhtem Bild rauschen, weshalb man den ISO-Wert nicht zu hoch wählen sollte. Am besten ist es, wenn man sich über die Belichtungssteuerung der Kamera von unten an den besten Wert heran tastet. Bei modernen Kameras, die mit aktuellen Sensoren ausgestattet sind, kann man üblicherweise problemlos ISO-Werte bis 3.200 wählen, ohne dass das auftretende Rauschen zu extrem ist.

Aktuelle Kameras mit gutem Rauschverhalten (wie z.B. die Sony A7S Mk II oder die Sony A7 Mk III) sind besonders gut fürs Fotografieren der Polarlichter geeignet, da hier das Rauschen auch bei höheren ISO-Werten erträglich ist.

Histogramm

Bei der Kontrolle des Histogramms ist es durchaus in Ordnung, wenn sich die Kurve insgesamt nach links verschoben präsentiert, da Polarlichtaufnahmen in der Regel auch viele Tiefen (also dunkle Bildbereiche) enthalten. Überhaupt ist die regelmäßige Kontrolle des Histogramms essentiell, da sich die Lichtsituation permanent verändern kann.

Außerdem wirkt die Aufnahme auf dem hellen Display in der dunklen Nacht möglicherweise heller, als sie tatsächlich ist. Es ist sehr ärgerlich, wenn man nach einer langen Polarlicht-Session später die Ergebnisse sichtet und feststellt, dass die meisten Aufnahmen unterbelichtet sind.

Bei der nachträglichen Aufhellung in der digitalen Bildbearbeitung steigt in solchen Fällen das Bildrauschen stark an.

Fokussieren

Wenn alle Vorbereitungen für die Aufnahme getroffen und passende Blende, Belichtungszeit und ISO-Empfindlichkeit eingestellt sind, muss nur noch der Fokus richtig gewählt werden.

Wegen der offenen Blende ist die Tiefenschärfe sehr eingeschränkt, weshalb die Schärfe unbedingt auf die passende Bildebene gesetzt werden muss. Bei Weitwinkelaufnahmen mit großem Blickfeld bietet es sich an, auf die Sterne zu fokussieren. Hat man sich bei der Komposition der Aufnahme zusätzlich für ein bildgestaltendes Element entschieden, muss dieses scharf abgebildet werden. Ist der Vordergrund sehr markant und nahe zur Kamera, fertige ich in der Regel mehrere Aufnahmen an, so dass einmal der Vorder- und einmal der Hintergrund scharf abgebildet werden. Diese Bilder lassen sich im Anschluss in der digitalen Nachbearbeitung zu einem einzigen kombinieren.

In der dunklen Nacht ist es oft schwer, den Fokus korrekt einzustellen. Am besten sucht man nach einem hellen Stern oder dem Mond am Himmel, falls dieser sichtbar ist. Auch die Lichter einer weit entfernten Stadt können zum Fokussieren genutzt werden. Im Live View der Kamera kann man außerdem in der Regel den Ausschnitt vergrößern, wodurch sich der Fokus leichter einstellen lässt.

Auch hier führe ich regelmäßig Bildkontrollen am Display durch. Durch Hereinzoomen in die Fotos überprüfe ich, ob der Fokus richtig sitzt und ob die Sterne punktförmig abgebildet werden. Das erspart im Nachgang unangenehme Überraschungen. Eine unscharfe Polarlichtaufnahme ist noch ärgerlicher als eine unterbelichtete…

Olstind Glow

Nachbearbeitung

Bei der digitalen Nachbearbeitung der Polarlichtaufnahmen geht es in erster Linie darum, den Weissabgleich der Aufnahme stimmig zu wählen. Lichtverschmutzung (also künstliches Licht), die sich nicht immer ganz vermeiden lässt, kann zu unschönen rötlich-gelben Farbbereichen in der Aufnahme führen, die es – zum Beispiel durch Abdunklung oder Entsättigung – zu reduzieren gilt.

In der Regel wird auch eine Anpassung der Kontraste notwendig sein. Je nach gewählter ISO-Einstellung muss die Aufnahme auch noch entrauscht und/oder geschärft werden. Die Kunst besteht dabei darin, das Rauschen im Himmel zu reduzieren, ohne die Details der Sterne zu verlieren. In Photoshop kann man hier zum Beispiel mit Luminanzmasken arbeiten, die die hell leuchtenden Sterne mit den entsprechenden Details beim Entrauschen der Aufnahme aussparen.

Hamnoy
Uttakleiv

Für Lightroom-Anwender möchte ich auf die Nightscape Presets von David Kingham hinweisen, die nach Registrierung über dessen Web Site als Download zur Verfügung stehen. Diese Presets sind zwar nicht speziell zur Bearbeitung von Polarlichtaufnahmen erstellt worden, nach meiner Erfahrung funktionieren sie aber trotzdem auch bei dieser speziellen Art von Nachtaufnahme sehr gut und führen schnell zu ansprechenden Ergebnissen.

Viel Spaß beim Fotografieren! Und vergesst nicht, ab und an auch mal einfach so in den Himmel zu schauen und das Spektakel zu genießen.

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