Wald – Erholungsort, Rückzugsort, Wohlfühlort

Klimaschutz, Artenschutz, Grundwasserschutz – die Funktionen des Waldes sind vielfältig. Besonders in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels kommt dem Erhalt unserer Wälder eine ganz neue Bedeutung zu. Im Konflikt dazu stehen forstliche Ansprüche des Waldumbaus und der Holznutzung.

Seit vielen Jahren sind meine Frau und ich leidenschaftliche Besucher unseres Gemeindewaldes in Nußloch. Seit mehr als 25 Jahren begleiten uns unsere Dalmatiner bei unseren ausgiebigen Spaziergängen. Die große Lauffreude dieser Hunderasse ist Motivation genug, jeden Tag bei Wind und Wetter zwei längere und eine kürzere Runde durch die Natur zu drehen. Und oft geht es dafür in unseren wunderschönen Wald.

Hitzesommer 2018 und 2019

Mit den Hitzesommern 2018 und 2019, die mit großer Trockenheit einhergingen, wurde unser Wald großem Stress ausgesetzt. In unserer Region gibt es ausgedehnte Buchenwälder, die wegen der natürlichen Begleitpflanzen auch als Lebensraumtyp „Waldmeisterbuchenwald“ bezeichnet werden.

Die Buche als Schattbaumart ist besonders empfindlich gegenüber prallem Sonnenlicht und extremer Hitze.

In den Jahren 2020 und 2021 mussten wir während unserer Spaziergänge feststellen, dass der Wald durch forstliche Maßnahmen zusätzlichem Stress ausgesetzt wurde. Anstatt dem angeschlagenen Patienten Ruhe zu gönnen, um sich wieder erholen zu können, wurden großflächige Kahlschläge durchgeführt und insbesondere alte Buchen mit ausladendem Kronendach gefällt. Unter Einsatz massiver Maschinen und LKWs wurde das Holz aus dem Wald entnommen. Dabei wurden die empfindlichen Lehm- und Lößböden verdichtet und etliche Bäume beim „Holzrücken“ beschädigt.

Kahlschlag

Die zurückgebliebenen Buchen waren so in den Folgejahren ungeschützt der Sonne und Hitze ausgesetzt – insbesondere im Jahr 2022 starben die Kronen vieler weiterer alter Buchen von oben her ab, da sie in den Jahren zuvor freigestellt worden waren.

All diese Eingriffe sind passiert, obwohl große Teile unseres Nußlocher Gemeindewaldes als Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet zum Erhalt des besonderen Lebensraumtyps Waldmeister-Buchenwald nach der europäischen Richtlinie Natura 2000 ausgezeichnet und damit besonders geschützt sind. Für unsere Waldgebiete wurden entsprechende Erhaltungsziele definiert, und es gilt ein Verschlechterungsverbot. Jede durchgeführte Maßnahme im Wald darf zu keiner Verschlechterung des Lebensraumtyps mit seinen beschriebenen Arten führen.

Auf Nachfrage bestätigte unser zuständiger Forstbezirksleiter, dass er keinen Unterschied mache bei der Behandlung geschützter oder ungeschützter Wälder.

Bodenverdichtung

Zwei Lager

Diese Beobachtungen in unserem Wald haben uns keine Ruhe gelassen. Deshalb haben wir begonnen, uns mit anderen Waldspaziergängern auszutauschen und auch wissenschaftliche Hintergründe zur Situation des Waldes zu recherchieren. Die Details führen an dieser Stelle vermutlich zu weit – unsere Erkenntnisse haben wir auf der Webseite der Bürgerinitiative Waldvision Nußloch zusammengefasst. (Über interessierte Besucher freuen wir uns!)

Vereinfacht gesprochen kann man die Forstwissenschaftler in Deutschland (und vielleicht auch in Europa) in zwei Lager einteilen:

  • Die erste Gruppe ist durchdrungen von dem Gedanken, dass Wald und Natur nicht in der Lage sind, sich dem voranschreitenden (menschengemachten) Klimawandel schnell genug anzupassen. Deshalb setzt diese Gruppe auf einen massiven Umbau des Waldes, um zukünftigen Klimaszenarien besser gerecht werden zu können. In kurzer Zeit sollen dazu beispielsweise Flaumeichen aus dem Mittelmeerraum unsere heimischen Buchen ersetzen. Ergänzt werden diese Pflanzungen durch nicht-heimische Baumarten wie die Douglasie aus Nordamerika. Diese Nadelbaumart wächst sehr schnell und gerade und ist deshalb aus ökonomischer Sicht sehr beliebt, nachdem viele der bisherigen in Monokulturen gepflanzten Fichtenplantagen durch Sturm oder Käferbefall großflächig abgestorben sind. Gesunder Aktionismus wird hier als Mittel zum Zweck betrachtet, aus den Fehlern der Vergangenheit werden nicht immer Lehren gezogen.
  • Die zweite Gruppierung verfolgt einen demütigeren Ansatz gegenüber der Natur. Sie ist überzeugt von den Selbstheilungskräften und der Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme. Nach jüngeren Erkenntnissen der Epigenetik können sich Baumgenerationen weitaus schneller an Änderungen der Umgebung anpassen als bislang vermutet. Das „Ökosystem Wald“ ist in ihren Augen so komplex, dass es von Wissenschaftlern ohnehin nicht vollständig verstanden werden kann. Das Credo lautet deshalb: „Weniger ist mehr.“ Jeder (unnötige) Eingriff in den Wald führt zu einer weiteren Störung des ohnehin schon gestressten Systems. Untersuchungen des sogenannten „Lübecker Modells“ haben außerdem gezeigt, dass ein solcher, naturnah bewirtschafteter Wald, mittelfristig ertragreicher ist als ein nach den üblichen Standards der Forsten behandelter. Wissenschaftliche Erkenntnisse unterstützen die Positionen dieser Gruppierung.

Wald in den Medien

Berichterstattung zum Thema Wald ist heute fast täglich in der Presse zu finden. In etlichen Waldsymposien und Waldforen treffen Vertreter der beiden Lager aufeinander und verteidigen ihre jeweiligen Positionen. Peter Wohlleben hat mit seiner Waldakademie und seinen Buchveröffentlichungen über die geheime Sprache der Bäume ein großes Publikum erreicht und für eine naturnahe Behandlung der Wälder sensibilisiert. Auch wenn Holz heute nicht mehr als nachhaltiger Rohstoff angesehen wird, gibt es nach wie vor etliche (glücklicherweise auslaufende) Förderungen, die zum Beispiel die Anschaffung von Pellets-Heizungen subventionieren. Die Problematik ist vielschichtig.

Die anerkannten (wie z.B. BUND oder NABU) und nicht anerkannten Naturschutzverbände (wie z.B. Greenpeace) vertreten allesamt auf Bundesebene die Positionen der zweiten Gruppierung. Allerdings verwässern die Positionen auf regionaler oder lokaler Ebene – vielleicht, weil die Thematik sehr komplex ist. (Vielleicht hast du schon erahnt, dass ich mich selbst auch eher zum zweiten Lager zähle…)

Untrennbar verbunden mit den Funktionen des Waldes ist auch eine Suffizienzdiskussion: Wieviel (Holz) wollen wir weiterhin konsumieren, wieviel (Holz) ist genug? In Zeiten des Überflusses geht es auch darum, sich stärker zu beschränken und (nicht nur) mit den natürlichen Rohstoffen hauszuhalten. Den Themen Recycling (insbesondere beim Papier hat Deutschland noch viel Luft nach oben) und Upcycling kommt verstärkt Bedeutung zu, so dass unser wertvoller Rohstoff Holz sinnvoller – sprich langfristiger – genutzt werden kann. Stand heute werden ca. 50% des in Deutschland geernteten Holzes verbrannt. Die thermische Nutzung von Holz ist die denkbar schlechteste Nutzungsform.

In Nußloch haben wir eine Petition gestartet, um den Wald besser zu schützen. Die 1.067 Unterzeichner der Petition zum Zeitpunkt der Übergabe  (davon 12% aus Nußloch, 20% aus den umliegenden Gemeinden) an den Bürgermeister und Gemeinderat ließen die politischen Entscheider allerdings kalt.

Deshalb denke ich schon länger darüber nach, ob man neben dem wissenschaftlichen Ansatz und dem Versuch, auf das Einhalten von gesetzlichen Vorgaben zu drängen, einen dritten Ansatz verfolgen sollte, um den Wald zu schützen: Den Ansatz der Empathie und der Macht der Bilder!

Vollernter bei der Arbeit

Wie können Fotograf*innen zum Schutz des Waldes beitragen?

Die Macht der Bilder ist unbestritten. Durch das Zeigen von Fotos können wir einerseits die Schönheit von Dingen nahe bringen und positive Emotionen hervorrufen. Aber auch das Gegenteil ist möglich. Was haben beispielsweise die drei oben im Text gezeigten Fotos bei dir ausgelöst?

Bildsprache ist mächtig, und über die Fotografie lässt sich ein anderes, vielleicht größeres Publikum erreichen. Emotionen lassen sich durch Bilder transportieren.

Naturschutz im Lautertal

Bei meinen Recherchen bin ich auf eine Seite der Waldfotografin Yvonne Albe gestoßen.

In der Aktion „Fotografen setzen sich für das Naturschutzgebiet Felsberg im Lautertal ein“ haben sich etliche Fotograf*innen zusammengeschlossen, um für den Erhalt des wunderbaren Felsenmeeres im Lautertal einzutreten.

Mit Statements und Fotografien wird hier ein starkes Zeichen gesetzt.

Im Oktober habe ich dann an einem Workshop von Yvonne teilgenommen (sehr empfehlenswert!) und mich auch zum Thema Waldschutz mit ihr ausgetauscht.

Tatsächlich scheint es so, als ob in vielen Ortschaften in Baden-Württemberg, Hessen oder Rheinland-Pfalz ähnliche Vorgänge zu beobachten sind: Massive forstliche Eingriffe in die Wälder haben in den letzten Jahren besorgte Bürger*innen auf den Plan gerufen, die sich jeweils lokal für einen besseren Waldschutz einsetzen. Teilweise werden sie dabei von lokalen Naturschutzverbänden unterstützt, oft sind sie auf sich allein gestellt. Auch sind sie in ihren Aktivitäten unterschiedlich erfolgreich.

Überregionale Bürgerinitiativen versuchen, die Aktivitäten der lokalen Gruppierungen zu vernetzen, um ein größeres Momentum zu erreichen. Hervorzuheben sind hier die Bundesbürgerinitiative Waldschutz und die Initiative Waldwende Jetzt.

Das Jahr ist noch jung!

Wie geht es weiter?

Ich habe vor, im Jahr 2023 weitere fotografische Aktionen zu initiieren, um unsere Wälder besser zu schützen. Wie genau diese aussehen werden, das weiß ich noch nicht, aber das Jahr ist ja noch jung!

(Virtuelle) Ausstellungen, Fotowettbewerbe – vieles ist denkbar. Ich freue mich wie immer über Ideen und Anregungen. Vielleicht weißt du ebenfalls von Aktionen in deiner Umgebung, um den Wald zu schützen? Gerne möchte ich mich mit weiteren Fotograf*innen vernetzen, die sich ebenfalls für einen besseren Schutz unserer Wälder einsetzen wollen!

Für den Augenblick möchte ich ein paar „schöne“ Aufnahmen aus den Wäldern vor meiner Haustür zeigen, wenn auch einige davon ein bisschen düster wirken mögen.

Pass‘ auf dich auf und komm‘ gut durchs neue Jahr! 

Gemeindewald Nußloch

Sediments
autumn mushrooms
Wald Nußloch
Xerxes im Wald
Xerxes
Iceland Aerial
Iceland Aerial
rays of light
rays of light
Wald-Allee
Iceland Aerial
Iceland Aerial
leaf silhouettes
Sediments

Luftaufnahmen

Auch aus der Luft betrachtet zeigt sich besonders im Herbst die Schönheit des Nußlocher Gemeindewaldes.

Wald von oben
autumn sunset
Aerial Wald
three feet
glowing leafs

Felsenmeer Lautertal

Idyllisch im südlichen Odenwald gelegen befindet sich das Felsenmeer bei Lautertal. Hier wachsen die Buchen zwischen Steinfindlingen empor und sorgen für eine einzigartige Naturkulisse.

Felsenmeer
Felsenmeer
Felsenmeer
Felsenmeer
mushroom

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